15.02.2019
Ein Turm der Extraklasse - eine Beleuchtung der Extraklasse!
TK Elevator Testturm, Rottweil - DE
Die Stadt Rottweil wurde vor fast 2000 Jahren von den Römern gegründet und ist die älteste Stadt Baden-Württembergs. Rund 90 Kilometer südlich von Stuttgart gelegen, eingebettet zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb, ist die geschichtsträchtige Stadt darüber hinaus als „Stadt der Türme“ bekannt. Dieser Ruf wurde nunmehr von thyssenkrupp eindrucksvoll untermauert und mit dem neuen Testturm ein imposantes und zugleich innovatives Wahrzeichen gesetzt.
Stützpfeiler, Wahrzeichen und Besuchermagnet!
Mit einem Investitionsvolumen von über 40 Millionen Euro für den Testturm bildet Rottweil – gemeinsam mit dem Aufzugswerk in Neuhausen auf den Fildern – eine hochmoderne Innovationsschmiede für Aufzugstechnik.
Der Turm stellt für thyssenkrupp einen wichtigen Stützpfeiler dar. So dient er dem Test sowie der Zertifizierung von Aufzugs-
innovationen und trägt zu erheblichen Verkürzungen der Entwicklungszeit zukünftiger und bereits in der Konstruktion befindlicher Wolkenkratzer bei.
Mit zwölf Schächten und Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 18 m/s bietet der Turm nie dagewesene Möglichkeiten. Dabei wird in drei Schächten der neue revolutionäre MULTI Aufzug getestet – revolutionär deshalb, da dieser völlig seillos ist und auch seitwärts (!) fahren kann.
Mit einer Höhe von 246 Metern ist der Turm eines der beeindruckendsten und auch prägnantesten Bauwerke Süddeutschlands. Der Testturm symbolisiert die Ingenieurskunst von thyssenkrupp – darüber hinaus stellt er ein Symbol für die Stadt Rottweil dar und steht im Dialog mit den historischen Kirch- und Wehrtürmen aus dem Mittelalter.
Die auf 232 Metern gelegene Besucherplattform ist die bundesweit höchste öffentlich zugängliche Plattform und ermöglicht einen Panorama-Blick weit über den Schwarzwald und die Schwäbische Alb hinaus. Aber nicht nur die Aussicht ist atemberaubend.
Allein die Fahrt mit dem Aufzug ist ein Erlebnis für sich, denn die Besucher erreichen die schwindelerregende Höhe der Plattform binnen gerade einmal 30 Sekunden.
Der Turm stellt einen attraktiven Anziehungspunkt für Touristen und auch Unternehmen dar – und avancierte innerhalb kürzester Zeit zu einem Wahrzeichen und Besuchermagneten zugleich.
Das Erscheinungsbild ist trotz der imposanten Höhe leicht und filigran. Die Architekten Dr. Werner Sobek mit Helmut Jahn verkleideten den Betonschaft mit einer Stoffhülle aus Glasfasergewebe.
Das Gewebe beginnt am Fuß engmaschig, gibt nach oben hin immer mehr vom Turm preis und reflektiert das Licht zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten verschieden. Dadurch bekommt der Turm – je nach Wetterlage – eine andere Anmutung.
Eine Beleuchtung der Extraklasse!
Der Turm wird durch insgesamt 44 Strahler, Modell Powershine-RGBW, perfekt in Szene gesetzt. Für die gewünschte, ringförmige Anstrahlung wurden die Strahler in Form zweier Kreise angeordnet.
Insgesamt 24 Powershine-Strahler (gelbe Punkte) bilden einen inneren Kreis und illuminieren den unteren Teil des Turms. Um diesen Bereich ideal abzudecken, wurden die Strahler mit der Optik „Wide“ gewählt. Speziell von Hess angefertigte Traversen sorgen dafür, dass die Strahler einen festen Stand haben und sich etwas von den Grünflächen absetzen.
Der äußere Ring mit 20 Powershine-Strahlern (rote Punkte) mit „Medium-Optik“ ist für die Anstrahlung der oberen Hälfte des Turms zuständig. Hier wurde großen Wert darauf gelegt, dass sich das Licht nach oben hin wahrnehmbar abschwächt, um dem Turm auch in den Abend- und Nachtstunden eine optische Leichtigkeit zu verleihen.
Für diese Strahler wurden noch spezielle Gehäuse zur Unterbringung entwickelt. Im Farbton DB 703 gehalten fügen sich diese in die weitere Umgebung rund um den Turm harmonisch ein.
Die Maximalleistung pro Strahler beläuft sich auf 281 Watt. Neben dem gewünschten Standard-Farbton sind die Strahler in der RGBW-Variante in der Lage, jede beliebige Farbe darzustellen. Auf Wunsch können so weitere stimmungsvolle Szenarien und „Wow-Effekte“ dargestellt werden.
Bei Nebel heißt es: "Licht aus"!
Eine weitere Besonderheit: Die Beleuchtungsanlage wurde mit einem Nebelsensor ausgestattet, der wiederum an die "Wall TSC" – eine Farbwechsel-Steuereinheit mit 1024 Kanälen und digitalen Eingängen – gekoppelt wurde.
Durch die eigens im Hause Hess entwickelte Schwellwertschaltung wird sichergestellt, dass bei Nebel mit Sichtweiten unter 100 Meter die Beleuchtung ausgeschaltet und hierdurch der Effekt einer beleuchteten "Dunstglocke" vermieden wird. Eine weitere clevere und innovative Einrichtung – mehr als passend für einen Turm der Extraklasse.
Interview mit L-PLAN LIGHTING DESIGN
Das Lichtplanungsbüro L-PLAN LIGHTING DESIGN aus Berlin legte neben seinem innovativen Lichtentwurf auch die lichttechnischen Grundlagen für das Beleuchtungskonzept vor.
Über die wesentlichen Arbeiten, die aus lichttechnischer Sicht weit im Vorfeld des Baus des Turms zu leisten waren, sprachen wir mit einem der beiden Geschäftsführer von L-PLAN, Herrn Germer.
Herr Germer, was waren für Sie die ersten Schritte in diesem Projekt?
Die Beleuchtung des Turms hat in der Tat eine lange Vorgeschichte. So waren die Anforderungen an die Fassadenbeleuchtung bereits Teil eines im Jahr 2014 erstellten Umweltberichtes, welcher Bestandteil der Begründung zum Bebauungsplan war. Hierfür haben wir eine entsprechende Beurteilung erstellt, in der wichtige Themen wie Leuchtdichten, Streulicht, Insektenfreundlichkeit und von der Jahreszeit abhängige Ein- und Ausschaltzeiten behandelt und bewertet wurden.
Was war Ihnen besonders wichtig?
Neben den umweltrelevanten Themen spielte natürlich die prägnante Stellung des Turms und dessen außergewöhnliche Architektur eine ganz entscheidende Rolle. Wir betrachten „Licht“ als integralen Teil der Architektur. Daher war es wichtig, die einzigartige Architektursprache des Turms und sein herausragendes Erscheinungsbild durch eine unverwechselbare Lichtplanung zu unterstützen.
Welche Beleuchtungsarten standen zur Diskussion?
Wir haben unterschiedlichste Möglichkeiten in Betracht gezogen, so beispielsweise eine Hinterleuchtung der Fassade, eine Anstrahlung des Turm-Kerns selbst sowie die Anstrahlung der Fassade, sprich der Hülle des Turms von außen. Letzteres hat sich als beste Lösung durchgesetzt.
Was gab den Ausschlag für diese Entscheidung?
Im Rahmen einer Bemusterung vor Ort zeigte sich, dass die Skulpturalität und die sich spiralartig gen Himmel schraubende Fassade nur durch eine Anstrahlung der Hülle von außen, d.h. vom Boden aus, wirkungsvoll in Szene setzen lässt. Die konvex-konkave Silhouette wäre durch eine andere Form der Illuminierung verloren gegangen. Das Ergebnis spricht denke ich für sich: Eine unglaublich schöne Anmutung bei Nacht – unter Wahrung der ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen.
L-PLAN LIGHTING DESIGN
L-PLAN LIGHTING DESIGN ist ein unabhängig arbeitendes Lichtplanungsbüro mit Sitz in Berlin. Es wurde 1998 von Michael Rohde gegründet.
L-PLAN steht für kreative, hochwertige und nachhaltige Lichtgestaltung und eine langjährige Projekterfahrung, insbesondere für Kunst- und Tageslichtplanung, Lichtmasterplanung, Leuchtenentwicklung und Eventbeleuchtung und Lichtinstallationen.
L-PLAN arbeitet interdisziplinär und bringt Wissen und Kompetenzen aus den Bereichen der Architektur, Innenarchitektur, Produktdesign und Elektrotechnik zusammen.
Das Unternehmen arbeitet national und international und gestaltet Licht für Museen, Sakralbauten, Repräsentationsbauten, Büro- und Verwaltungsgebäude, Verkehrsbauwerke, Verkaufsräume, Hotels und Gastronomie, Medienfassaden und Außenräume.
Weitere Informationen zu L-PLAN unter: www.l-plan.de
Die Fakten
Architekten:
Dr. Werner Sobek mit Helmut Jahn
Lichtplanung:
L- PLAN LIGHTING DESIGN, Berlin
Bauzeit:
< 10 Monate
Höhe:
246 Meter
Gewicht:
40.000 Tonnen (≈ 8.000 afrikanische Elefanten)
Material:
15.000 Kubikmeter Beton
2.640 Tonnen Stahl
200 Felsnägel
Strahler:
20 x Powershine RGBW-Strahler (Medium-Optik)
24 x Powershine RGBW-Strahler (Wide-Optik)
Leistung:
281 W pro Strahler